Es ist überall zu beobachten, auch in der Jazz-Domäne, in der Musikerszene und prinzipiell in jeglichen anderen Lebensbereichen. Das war schon immer eine Männerdomäne, der Jazz. Doch heutzutage kommt noch das elitäre Ticket dazu, das er bekommen hat – akademischer Jazz, und dann noch männliche Cliquenbildungen innerhalb des Musizierens. Dabei gibt es sehr wohl nicht nur Sängerinnen im Jazz. Aber sie werden weniger gefördert, bzw. macht man ihnen den Zugang dazu sehr schwer, zu der Burschafterie. Es ist nicht anders als in der Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und und und… Mittlerweile finde ich diese männlichen Cliquenbildungen sehr feige.

Erstens gibt es eine Urangst vor Frauen im Allgemeinen. Hat das womöglich auch etwas mit der wahren Macht der Frau als Spezies zu tun? Aber ja! Denn das unbewusste Element im Menschen spielt immer eine wesentliche Rolle für sein  Agieren, seine Neigungen oder Abneigungen. Die Frau gebärt den Mann. Allein schon das muss ja in einem Mann enorme Angst vor der Macht der Frau auslösen. Wenn sie sich dagegen entscheidet das männliche Wesen zu gebären, dann gibt es ihn gar nicht. Es ist sie, welche die wahre Macht hat. Und deshalb entmachtet man(n) die Frau auf primitive Art und Weise, z.B. durch die physische Stärke. So hat man(n) die Frau untergeordnet, denn sonst sei die Gefahr, welche von ihr ausgeht, nicht zu verantworten – so fühlt und denkt der Mann..

Zweitens stört die weibliche Energie auch oft die eingeschweißten Männerbanden. Es gibt die Angst davor, dass diese Energie das Band zwischen den Männern zerstört. Und – vor allem im Jazz-Bereich erlebe ich immer wieder die Angst, dass Sängerinnen, welche zu viel können, z.B. wie ein Instrumentalist zu improvisieren, zu viel Aufmerksamkeit auf sich lenken, bzw. von der selbstdarstellerischen Kunst des virtuosen Improvisierens des männlichen Instrumentalisten zu viel ablenken würden. Wen interessiert denn aber auch ein stundenlanges Skalen hin und her, das rauf und runter Spielen eines selbstverliebten Gitarristen, Pianisten oder Saxophonisten zwei ganze Sets lang? Mich nicht. Deswegen ist ja der Jazz auch für so viele Menschen anstrengend. Für mich auch, wenn es in diese Richtung geht.

Früher hörte ich mir das noch alles an, um etwas zu lernen. Aber je älter ich wurde, desto mehr sah ich, was sich dahinter verbirgt. Sehr oft verbirgt sich Angst und Selbstdarstellertum, welches Selbstverliebtheit impliziert, dahinter, mit dem Ego voran. Was diese Kollegen oft vergessen – beim Musizieren geht es nicht um sie. Sie sollten bestenfalls das Gefäß sein, welches die Frequenzen des Universums umsetzt. Wenn sie aber nicht auf eine spirituelle Art mit diesem verbunden sind, dann fehlt dieser heilende Aspekt in ihrer Musik und die Möglichkeit zur Transzendenz des seelischen Elementes.

Und es ist eben auch die Angst welche männliche Cliquenbildung entstehen lässt. Angst als Einzelner da zu stehen, Andersdenkender zu sein, vor allem auf Sessions ist es sehr bemerkbar wenn sich so eingefleischte Hausbands zusammensetzen und keinen von außen mitspielen lassen, weil sie den Anderen oder die Andere nicht kennen, bzw. Angst haben, dass sie dann das eingeübte und eingelernte Stück, tausend mal mit denselben Musikern gespielt, nicht mehr so gut rüber bringen können. Denn es könnte sie ja jemand aus dem Konzept bringen. Wenn aber jemand ein wirklich guter Musiker ist, dann hat er keine Angst, sondern ist eher unterstützend, ist ein Förderer, hat keine Angst vor Herausforderungen, vor einer Blamage. Denn dieser Musiker steht da drüber, ist ein Meister. Dafür braucht es meistens aber auch wirklich ein bestimmtes Alter, Reife und Erfahrung. Die Bands, welche aus Angst heraus spielen, wer braucht denn das überhaupt? Nur alleine Skalen hin und her zu spielen, eingelernte Phrasen, das reicht eben nicht aus. Als komplette, ausgereifte Persönlichkeit passiert das Musizieren an sich schon aus einem ganz anderen Aspekt. Musik, das ist man eigentlich selber, oder eben nicht. Aber man täuscht, man täuscht sich selbst und dadurch auch eben andere.

(c) Aleksandar Plackov

Aber diese puren Männergruppenbildungen sind mir auch sehr suspekt, meines Erachtens nach, mit viel Angst behaftet, weil sie alle, ob im Militär, bei der Polizei, in Burschenschaften, diesen und jenen, sind nur in der Gruppe, also zusammen, stark. Sie brauchen die Gruppe, weil sie alleine nicht stark genug sind. Vor allem das Leben ist durchdrungen mit weiblicher und auch männlicher Energie. Deswegen fehlt mir in den nur männlichen Bands eben das weibliche Element. Klar stehe ich auf Miles Davis damalige Band z.B. auf der Platte „kind of blue“ und würde die Musik, welche sie da aufgenommen haben nicht missen wollen. Und es gibt noch viele andere Beispiele. Trotzdem muss ich bemerken, dass sich in den letzten Jahrzehnte einiges verändert hat. Frauen bekamen Schulungen zum Spielen von Instrumenten, sie bekamen Zugang dazu. Es wurde immer mehr normal, dass auch eine Frau Kontrabass spielen kann, Trompete, Schlagzeug und Klavier sowieso. Eine Emily Remler zum Beispiel, eine Weltklasse-Jazzgitarristin, für alle die sie nicht kennen. Sie ist in den 70ern und 80ern von männlichen Kollegen wie Herb Ellis oder Branford Marsalis als der neue Superstar der Jazzgitarre bezeichnet worden.

Es liegt nicht daran, dass es zu wenige Instrumentalistinnen gibt, ich kenne da schon Einige. Doch das Problem ist, dass die Jazzszene mittlerweile von Männern dominiert wird. Die ganze Musikindustrie wird eher von Männern als von Frauen geführt. Diese Strukturen muss man in Zukunft ändern, zerbrechen. Was nicht heißen soll, dass man ab jetzt nur noch Frauenbands zusammenstellt. Das ist dann auch etwas, was meinem Wesen nicht entspricht, denn wie gesagt, das Leben an sich ist von weiblicher und männlicher Energie durchdrungen.

Es gibt aber auch Frauen, welche sich mehr von Männern angesprochen fühlen. Ich selber habe so ein Beispiel im Musikmanagement erlebt. Die Managerin wollte einige Bands unter ihre Obhut nehmen, es ging um Balkan-Jazz. Ich war eine der ersten, welche in Wien diese Musik überhaupt machte, mit männlichen Kollegen, eins-A-Musikern. Einer von denen spielt jetzt z.B. mit Trilok Gurtu oder Antonio Sanchez, Jazzdrummer. Aber die Managerin hat sich nur für männliche Bands entschieden, ohne eine einzige Frau. Klar könnte man jetzt sagen, vielleicht war es einfach ihr Musikgeschmack, ne, das könnt ihr mir glauben. Es ging tatsächlich darum, die einzige Königin unter Männern zu sein. Vielleicht hat sie ja mal zickige Frauen unter ihrer Obhut gehabt, kann man ja nicht wissen.

M.L.

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